Das eigene Leben als prägender Faktor von reflektiertem Denken

Vor einigen Wochen habe ich mich intensiver mit zwei jüdischen Denkern und deren Pädagogik beschäftigt, zum einen mit Martin Buber (1878-1965), zum anderen mit Ernst Simon (1899-1988). Das Ergebnis meiner kurzen Studie war, daß bei beiden ein deutlilcher Zusammenhang zwischen ihrem jeweiligen Leben, dem anthropologischen Verständnis und der Pädagogik besteht. 

Es ließ sich ein roter Faden des dialogischen Denkens Bubers nachweisen, angefangen in seiner Vita - motiviert durch die hebräische Bibel und die chassidische Tradition -, über seinen hebräischen Humanismus bis hin zu den pädagogischen Schriften. Bubers Ansatz des dialogischen Denkens wurde demnach schon während seiner Kindheit/Jugend entscheidend vorbereitet. In gleichem Maße erwies sich, daß Ernst Simons Betonung der Halacha einerseits mit seiner „Umkehrbiographie” und dem assimilierten Elternhaus zu tun hat, andererseits seinen pädagogischen Ansatz (jüdischer) Bildung zutiefst beeinflußt hat. Auch hier zog sich der roten Faden durch.

Wenn ich nun an Martin Luther denke, dürfte der Zusammenhang zwischen seiner Biographie und seiner Theologie auch auf der Hand liegen. Bei anderen - mir kommt gerade Friedrich Nietzsche in den Sinn - verhält es sich ähnlich.

Das wirft in mir die Frage auf, wie objektiv unsere Theologie überhaupt sein kann. Ist vielmehr der moderne Ansatz der Suche nach der wahren Theologie nicht eher Utopie?

Auch die Leben-Jesu-Forschung der letzten 100 Jahre zeigt, daß oft mehr Ideologie als objektive Fakten die jeweilige Position beeinflußt hat. Derzeitig sind wir mit E.P. Sanders, N.T. Wright u.a. auf der dritten Suche nach dem historischen Jesus. Wird es wohl eine vierte, fünfte und sechste Suche geben? Welche Fakten mögen sich längerfristig halten? Hat der in der Postmoderne vorherrschende Trend zum Relativismus nicht vielleicht auch mit dieser Erkenntnis zu tun, daß ein Teil unseres Wissens durch subjektive Faktoren geprägt wird?

Diese und ähnliche Fragen stelle ich mir, wenn ich auf Erkenntnisse wie die oben Genannten (Einfluß des eigenen Lebens auf den Denkansatz) komme. Gleichzeitig entspannt mich dies aber auch sehr, weil mir klar ist, daß Gott in allen Generationen zu seinem Volk geredet hat, Menschen ihm nachgefolgt sind und Sein Reich gebaut wurde. Auch wenn es nicht die eine richtige Auslegung der Bibel gibt oder das eine richtige Setting von Antworten auf zentrale theologische Fragen, vertraue ich darauf, daß Gott über allem steht und seine schützende Hand auch über unserer Theologie hat, solange wir demütig und hörend denken.

Kommentare

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