Das Theologiestudium: Was es leisten muss bzw. will und was nicht (inkl. kurzer Rezension zu “Handbuch Theologische Ausbildung“ von Bernhard Ott)
Seit einiger Zeit bin ich ja als Studienleiter von IGW am Standort Frankfurt unterwegs und bekomme dadurch zahlreiche Einblicke nicht nur in das Leben meiner Studierenden, sondern auch deren Gemeinden, denn unsere Studis studieren ja dual und erleben so von Beginn an das volle Maß an Praxis. Ich dagegen bringe mit meiner eigenen Bildungsbiographie durch diverse universitäre Studiengänge v.a. theoretisches Know-How mit, dessen Stärken ich absolut schätze. Gleichzeitig hatte ich zu jeder Zeit immer auch das Glück, von fitten Mentoren begleitet und reflektiert zu werden und genügend Einsatz- und Entwicklungs- möglichkeiten in diversen Gemeinde(gründunge)n, sodass ich nun ziemlich gut gerüstet bin für all die Herausforderungen, die mir tagtäglich begegnen. Allerdings: Allein mit dem Uni-Studium hätte das nie geklappt.
Im Zuge dieser und anderer Erfahrungen stellt sich mir deshalb immer wieder die Frage: Was kann und muss ein Theologiestudium leisten und was nicht? Und ist überhaupt “Studium“ die richtige Bezeichnung oder der richtige Ansatz? Egal, ob Du gerade selbst vor der Frage stehst, Theologie zu studieren, oder ob Du das bereits hinter Dir hast und/oder in der Rolle bist, anderen ein solches Studium zu empfehlen, weil Du Potenzial in ihnen als Führungs- persönlichkeiten siehst: Diese Frage betrifft Dich und sollte Dich betreffen. Denn es geht ja nicht nur um die Investitionen Zeit und Geld, sondern auch um entscheidende Prägungen, die jemand mitkriegt (oder eben nicht).
Eine erste wichtige Frage dabei betrifft den Zweck: Wozu studiere ich Theologie? Während die Frage der Motivation (als des Warum) sehr unterschiedlich ist und mit der individuellen Berufung zu tun hat, lässt sich die Motivation zumindest grob in zwei Richtungen aufteilen (die sich natürlich auch überschneiden können), nämlich:
Will ich v.a. fachwissenschaftlich als Theologe ausgebildet werden oder geht es mir um eine praktische Tätigkeit in der Kirche (bzw. anderswo in der Gesellschaft)? Oder gehört beides gar zwingen- derweise zusammen?
Je nach dem wird mein Verständnis von “Theologiestudium“ sehr unterschiedlich ausfallen. Ich für meinen Teil kannte bei Eintritt in mein Theologiestudium diese Unterscheidung so nicht, hatte aber das Glück, dass sich meine Wünsche und Erwartungen mit der Realität des Studiums deckten: Ich wollte fachwissenschaftlich tief graben, hatte ich doch meine Motivation zum Studium überhaupt erst durch exegetische Grundlagenliteratur erhalten.
Nun ist dies aber nicht die Realität der meisten Theologiestudie- renden: Zuletzt nochmal auf der EXPONENTIAL-Konferenz im Januar dieses Jahres, aber auch schon seit Einstieg bei IGW bzw. komme ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass wir zu allererst (theologisch kompetente) Führungskräfte ausbilden sollten, weil a) der Großteil der Theologiestudierenden mit dem Ziel der praktischen Arbeit studiert, und weil b) die Praxis ein wichtiger Indikator für die Relevanz von theologischer Forschung ist (am Ende mehr dazu). Zum Theologiestudium gehört deshalb auch ein gehöriges Maß an typisch theologischem Know-How, und mancher hat auch in diesem Bereich einen Schwerpunkt, entweder auf der Gemeindeebene als Lehrer oder gar auf einer übergeordneten Ebene, um durch neue theologische Impulse Kirche und Gesellschaft in eine neue Richtung zu bringen; in ebendieser Funktion sehe ich mich selbst, Dinge vorzudenken und dann weiterzugeben, was aber nicht jedermann/-frau selbst tun muss.
Mindestens genauso wichtig sind aber die sog. “soft skills“, die Fähigkeiten der rechten Gehirnhälfte, denen Daniel H. Pink im konzeptionellen Zeitalter (in dem wir uns bereits befinden) auch im wirtschaftlichen Sektor höchste Priorität beimisst; spätestens jetzt müssten theologische Ausbildungsstätten also umdenken, sofern man den Anspruch hat, zeitgemäß und v.a. ganzheitlich für den Dienst auszubilden. Dass das an den Universitäten ja nicht zwingend beabsichtigt ist, kann aufgrund ihrer Forschungs-Orientierung damit also legitim sein, sofern das auch entsprechend kommuniziert wird bzw. dem Interessenten bewusst ist; wenn ich allerdings Pfarrer werden will und auf das universitäre Studium angewiesen bin, müsste das Vikariat zumindest den Bereich der soft skills abdecken (und gleichzeitig können die ersten 5-7 Jahre an der Uni aufgrund ihrer Theorielastigkeit dann zur Qual werden).
Ich kann konkret nur für uns sprechen: Wir von IGW bilden aus diesem Grunde seit dem letzten Jahr konsequent kompetenzorientiert aus, weil wir eben Führungskräfte (sprich: Leiter) ausbilden wollen: Neben der theologischen und Forschungskompetenz ist es uns darum wichtig, dass (zukünftige) Pastoren, Gemeindeleiter und -gründer auch geschult werden in den Bereichen: Spiritualität, Kommunikation, Führung und Sozialkompetenz. D.h. hard und soft skills sind uns gleichermaßen wichtig für eine erfolgreiche Führung bspw. einer Kirchengemeinde. Und ganz nebenbei gesagt: Natürlich ist damit auch der Quereinstieg als Führungskraft im säkularen Business noch viel besser möglich.
Dass diese Theorie-Praxis-Verknüpfung mittlerweile auch bei immer mehr theologischen Ausbildungsstätten an Bedeutung gewinnt, freut mich natürlich besonders. Und auch von wissenschaftlicher Seite aus gibt es bereits seit einigen Jahren das Standardwerk “Handbuch Theologische Ausbildung“ von Bernhard Ott, das ich aus gegebenem Anlass kurz vorstellen möchte. Ott kommt nämlich zu sehr ähnlichen Erkenntnissen, wie schon der Buchtitel “Theologische Ausbildung“ erahnen lässt. Ausgehend von der Umbruchssituation im Bildungssektor (Ökonomisierung, Internationalisierung, Individualisierung, Qualitätsmanagement), erörtert Ott die spezielle Ausbildung kirchlicher Führungskräfte, und zwar anhand sog. “Grundlagen- und Handlungskompetenzen“ (Kap. 1), die weitestgehend deckungsgleich sind mit denen, die wir bei IGW entwickelt und von denen wir uns natürlich auch inspiriert haben lassen. Während das zweite Kapitel die internationale Diskussion und unterschiedliche theologische Ausbildungskonzepte in den Blick nimmt, geht Ott gleichermaßen auf säkulare bildungstheoretische Grundlagen ein (Kap. 3), gefolgt von biblisch- und systematisch-theologischen Überlegungen für eine Theologie der theologischen Ausbildung (Kap. 4). Davon abgeleitet, hebt er die Zusammenge- hörigkeit von Theorie und Praxis hervor (Kap. 5), leitet daraus curriculare Konsequenzen ab (Kap. 6) und erläutert Grundlagen eines Qualitätsmanagements für theologische Ausbildungsstätten (Kap. 7), bevor er schließlich anhand der Bilder Kopf, Hand und Herz den Stellenwert von Führung in theologischer Ausbildung forciert (Kap. 8).
Ott ist ein fundiertes und ausgewogenes Werk gelungen, in dem er sich auch nicht davor scheut, kritische Anfragen zu stellen, wenn es bspw. um den theologischen Fächerkanon geht. Im Sinne missionaler Theologie, zu deren Verfechtern er gehört, muss die kirchliche Führungskraft ja dafür sorgen können, dass ihre Gemeinde Teil der Mission Gottes wird, sich also auf den Weg macht und unter der Leitung des Heiligen Geistes die Stadt transformiert. Aber: Was von der traditionellen theologischen Lehre hilft dabei wirklich und was müsste ggf. durch anderes ersetzt werden, um den Umfang des Curriculums nicht völlig zu sprengen? Ohne die Antworten darauf an dieser Stelle leichtfertig zu verraten, sei lediglich gesagt, dass Ott mit seiner biblisch-historischen und systematischen Herangehensweise diese Frage in Kap. 4 tiefgründig angeht, was exemplarisch die hohe Qualität des Werkes widerspiegelt. Wer mit theologischer Ausbildung zu tun hat - sei es als Studienleiter, Dozent oder auch als (zukünftiger) Student -, dem lege ich dieses Werk deshalb wärmstens ans Herz. Denn es bietet etliche Facetten, um dem Nutzen eines Theologiestudiums auf den Grund zu gehen. Sicher kann und darf und soll damit auch völlig zweckfrei studiert werden; in den meisten Fällen sieht das aber doch anders aus.
Ob im Sinne Otts damit besser von “theologischer Ausbildung“ zu sprechen ist, weil es sich ihm zufolge um das Erlernen von Handwerkszeug handelt, sei mal dahingestellt. Denn das hängt maßgeblich davon ab, ob ich einen Schwerpunkt in der Praxis oder mehr in der Theorie lege. Dass aber beides unweigerlich zusammengehört, bleibt für mich außer Frage, denn Theologie ohne Praxisanbindung verkommt zu schnell zu trockener und v.a. irrelevanter Theorie. Sollte sie aber nicht immer im Dienst und zum Wohl der Kirche sein? So jedenfalls lautet mein Verständnis, was natürlich nicht heißt, dass Theologie nicht gerade auch die Funktion des kritischen Korrektivs besitzt. Und in ebendieser Weise sollten dann doch auch ihre Verantwortungsträger ausgebildet werden, oder nicht?! Das muss nicht zwingend IGW sein, sondern kann auch über die Uni funktionieren. Mir jedenfalls zeigt aber die Praxis, dass die theologische Ausbildung/das Theologiestudium doch nicht ganz unausschlaggebend für die spätere Laufbahn ist.
Im Zuge dieser und anderer Erfahrungen stellt sich mir deshalb immer wieder die Frage: Was kann und muss ein Theologiestudium leisten und was nicht? Und ist überhaupt “Studium“ die richtige Bezeichnung oder der richtige Ansatz? Egal, ob Du gerade selbst vor der Frage stehst, Theologie zu studieren, oder ob Du das bereits hinter Dir hast und/oder in der Rolle bist, anderen ein solches Studium zu empfehlen, weil Du Potenzial in ihnen als Führungs- persönlichkeiten siehst: Diese Frage betrifft Dich und sollte Dich betreffen. Denn es geht ja nicht nur um die Investitionen Zeit und Geld, sondern auch um entscheidende Prägungen, die jemand mitkriegt (oder eben nicht).
Eine erste wichtige Frage dabei betrifft den Zweck: Wozu studiere ich Theologie? Während die Frage der Motivation (als des Warum) sehr unterschiedlich ist und mit der individuellen Berufung zu tun hat, lässt sich die Motivation zumindest grob in zwei Richtungen aufteilen (die sich natürlich auch überschneiden können), nämlich:
Will ich v.a. fachwissenschaftlich als Theologe ausgebildet werden oder geht es mir um eine praktische Tätigkeit in der Kirche (bzw. anderswo in der Gesellschaft)? Oder gehört beides gar zwingen- derweise zusammen?
Je nach dem wird mein Verständnis von “Theologiestudium“ sehr unterschiedlich ausfallen. Ich für meinen Teil kannte bei Eintritt in mein Theologiestudium diese Unterscheidung so nicht, hatte aber das Glück, dass sich meine Wünsche und Erwartungen mit der Realität des Studiums deckten: Ich wollte fachwissenschaftlich tief graben, hatte ich doch meine Motivation zum Studium überhaupt erst durch exegetische Grundlagenliteratur erhalten.
Nun ist dies aber nicht die Realität der meisten Theologiestudie- renden: Zuletzt nochmal auf der EXPONENTIAL-Konferenz im Januar dieses Jahres, aber auch schon seit Einstieg bei IGW bzw. komme ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass wir zu allererst (theologisch kompetente) Führungskräfte ausbilden sollten, weil a) der Großteil der Theologiestudierenden mit dem Ziel der praktischen Arbeit studiert, und weil b) die Praxis ein wichtiger Indikator für die Relevanz von theologischer Forschung ist (am Ende mehr dazu). Zum Theologiestudium gehört deshalb auch ein gehöriges Maß an typisch theologischem Know-How, und mancher hat auch in diesem Bereich einen Schwerpunkt, entweder auf der Gemeindeebene als Lehrer oder gar auf einer übergeordneten Ebene, um durch neue theologische Impulse Kirche und Gesellschaft in eine neue Richtung zu bringen; in ebendieser Funktion sehe ich mich selbst, Dinge vorzudenken und dann weiterzugeben, was aber nicht jedermann/-frau selbst tun muss.
Mindestens genauso wichtig sind aber die sog. “soft skills“, die Fähigkeiten der rechten Gehirnhälfte, denen Daniel H. Pink im konzeptionellen Zeitalter (in dem wir uns bereits befinden) auch im wirtschaftlichen Sektor höchste Priorität beimisst; spätestens jetzt müssten theologische Ausbildungsstätten also umdenken, sofern man den Anspruch hat, zeitgemäß und v.a. ganzheitlich für den Dienst auszubilden. Dass das an den Universitäten ja nicht zwingend beabsichtigt ist, kann aufgrund ihrer Forschungs-Orientierung damit also legitim sein, sofern das auch entsprechend kommuniziert wird bzw. dem Interessenten bewusst ist; wenn ich allerdings Pfarrer werden will und auf das universitäre Studium angewiesen bin, müsste das Vikariat zumindest den Bereich der soft skills abdecken (und gleichzeitig können die ersten 5-7 Jahre an der Uni aufgrund ihrer Theorielastigkeit dann zur Qual werden).
Ich kann konkret nur für uns sprechen: Wir von IGW bilden aus diesem Grunde seit dem letzten Jahr konsequent kompetenzorientiert aus, weil wir eben Führungskräfte (sprich: Leiter) ausbilden wollen: Neben der theologischen und Forschungskompetenz ist es uns darum wichtig, dass (zukünftige) Pastoren, Gemeindeleiter und -gründer auch geschult werden in den Bereichen: Spiritualität, Kommunikation, Führung und Sozialkompetenz. D.h. hard und soft skills sind uns gleichermaßen wichtig für eine erfolgreiche Führung bspw. einer Kirchengemeinde. Und ganz nebenbei gesagt: Natürlich ist damit auch der Quereinstieg als Führungskraft im säkularen Business noch viel besser möglich.
Dass diese Theorie-Praxis-Verknüpfung mittlerweile auch bei immer mehr theologischen Ausbildungsstätten an Bedeutung gewinnt, freut mich natürlich besonders. Und auch von wissenschaftlicher Seite aus gibt es bereits seit einigen Jahren das Standardwerk “Handbuch Theologische Ausbildung“ von Bernhard Ott, das ich aus gegebenem Anlass kurz vorstellen möchte. Ott kommt nämlich zu sehr ähnlichen Erkenntnissen, wie schon der Buchtitel “Theologische Ausbildung“ erahnen lässt. Ausgehend von der Umbruchssituation im Bildungssektor (Ökonomisierung, Internationalisierung, Individualisierung, Qualitätsmanagement), erörtert Ott die spezielle Ausbildung kirchlicher Führungskräfte, und zwar anhand sog. “Grundlagen- und Handlungskompetenzen“ (Kap. 1), die weitestgehend deckungsgleich sind mit denen, die wir bei IGW entwickelt und von denen wir uns natürlich auch inspiriert haben lassen. Während das zweite Kapitel die internationale Diskussion und unterschiedliche theologische Ausbildungskonzepte in den Blick nimmt, geht Ott gleichermaßen auf säkulare bildungstheoretische Grundlagen ein (Kap. 3), gefolgt von biblisch- und systematisch-theologischen Überlegungen für eine Theologie der theologischen Ausbildung (Kap. 4). Davon abgeleitet, hebt er die Zusammenge- hörigkeit von Theorie und Praxis hervor (Kap. 5), leitet daraus curriculare Konsequenzen ab (Kap. 6) und erläutert Grundlagen eines Qualitätsmanagements für theologische Ausbildungsstätten (Kap. 7), bevor er schließlich anhand der Bilder Kopf, Hand und Herz den Stellenwert von Führung in theologischer Ausbildung forciert (Kap. 8).
Ott ist ein fundiertes und ausgewogenes Werk gelungen, in dem er sich auch nicht davor scheut, kritische Anfragen zu stellen, wenn es bspw. um den theologischen Fächerkanon geht. Im Sinne missionaler Theologie, zu deren Verfechtern er gehört, muss die kirchliche Führungskraft ja dafür sorgen können, dass ihre Gemeinde Teil der Mission Gottes wird, sich also auf den Weg macht und unter der Leitung des Heiligen Geistes die Stadt transformiert. Aber: Was von der traditionellen theologischen Lehre hilft dabei wirklich und was müsste ggf. durch anderes ersetzt werden, um den Umfang des Curriculums nicht völlig zu sprengen? Ohne die Antworten darauf an dieser Stelle leichtfertig zu verraten, sei lediglich gesagt, dass Ott mit seiner biblisch-historischen und systematischen Herangehensweise diese Frage in Kap. 4 tiefgründig angeht, was exemplarisch die hohe Qualität des Werkes widerspiegelt. Wer mit theologischer Ausbildung zu tun hat - sei es als Studienleiter, Dozent oder auch als (zukünftiger) Student -, dem lege ich dieses Werk deshalb wärmstens ans Herz. Denn es bietet etliche Facetten, um dem Nutzen eines Theologiestudiums auf den Grund zu gehen. Sicher kann und darf und soll damit auch völlig zweckfrei studiert werden; in den meisten Fällen sieht das aber doch anders aus.
Ob im Sinne Otts damit besser von “theologischer Ausbildung“ zu sprechen ist, weil es sich ihm zufolge um das Erlernen von Handwerkszeug handelt, sei mal dahingestellt. Denn das hängt maßgeblich davon ab, ob ich einen Schwerpunkt in der Praxis oder mehr in der Theorie lege. Dass aber beides unweigerlich zusammengehört, bleibt für mich außer Frage, denn Theologie ohne Praxisanbindung verkommt zu schnell zu trockener und v.a. irrelevanter Theorie. Sollte sie aber nicht immer im Dienst und zum Wohl der Kirche sein? So jedenfalls lautet mein Verständnis, was natürlich nicht heißt, dass Theologie nicht gerade auch die Funktion des kritischen Korrektivs besitzt. Und in ebendieser Weise sollten dann doch auch ihre Verantwortungsträger ausgebildet werden, oder nicht?! Das muss nicht zwingend IGW sein, sondern kann auch über die Uni funktionieren. Mir jedenfalls zeigt aber die Praxis, dass die theologische Ausbildung/das Theologiestudium doch nicht ganz unausschlaggebend für die spätere Laufbahn ist.
Hallo Philipp
AntwortenLöschentoller Artikel und Gedanken. Kann dir da nur zustimmen. Habe dies auch erlebt während und nach meinem Psychologiestudium. Wir brauchen umbedingt die Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Dies erlebe ich auch grad momentan hier in Sydney am Hillsong College, wo viel von meinem Kopf in mein Herz runterfällt. Du schreibst in deinem Artikel über die Ausbildung im Bereich Führung von zukünftigen Pastoren. Mich würde noch interessieren, was deine Vorstellung von Führung in Kirche ist. Wie sollte diese gelebt werden? Was ist dein Führungsmodell? Es gibt ja alle Facetten zwischen der stark hierarchisch katholischen Kirche und der Basisdemokratie von Calvin.
Hi David,
AntwortenLöschendanke für Deinen Kommentar und Dein Feedback! Freut mich, dass Du das in Sydney ganz ähnlich erlebst - klasse! Meine Frau war vor fast zehn Jahren auch mal dort; ist wirklich ein Erlebnis, und hoffe, dass Du noch ’ne richtig gute Zeit hast. Solltest Du hinterher, nach Deiner Rückkehr, weiterstudieren wollen, melde Dich einfach bei mir/uns; wir haben von IGW eine Kooperationsvereinbarung mit dem Hillsong College und mittlerweile etliche Studenten von dort. Das klappt also ganz super zusammen.
Zu Deiner Frage von Führungsstil: Von biblischer Seite aus bin ich ein Fan vom fünffältigen Dienst, dh weder streng hierarchisch noch völlig basisdemokratisch. Zuvor ist allerdings zu klären, ob es einem dabei um ein Denken in Positionen geht (also gibt es einen Hauptpastor oder einen Hauptleiter wie Brian Houston, der offiziell alles bestimmt und absegnet?) oder ob Führung nicht zunächst auch mit Einfluss gleichzusetzen ist, wie John C. Maxwell dies tut. Sprich: Ich muss nicht die Top-Position haben von offizieller Seite, kann aber trotzdem mehr leiten - weil mehr Einfluss - als der über mir Stehende.
Setzen wir mal voraus, dass sich Einfluss und Position decken. Als zweites würde ich als Grundhaltung definieren, dass Führung in allererster Linie Dienen bedeutet oder bedeuten sollte. Denn dann ist die Position kein Machtinstrument, und das top-down-Prinzip dreht sich vielmehr um, weil ich als Leiter bestrebt bin, andere zu bevollmächtigen, und ihnen helfe zu wachsen (im Sinne von EXPONENTIAL, Link. s.o., würde ich sogar soweit überlegen, mich früher oder später überflüssig zu machen, damit andere nachrücken können und ich neue Wege gehe, mich neu investiere etc.). Dann kann gut auch das klassische Ein-Pastoren-Bild (oder Pastorenehepaar) funktionieren, weil ich als offizieller Pastor meine Stärken und Schwächen kenne und mir dementsprechend ein Team um mich herum aufbaue, dass meine Schwächen abdeckt und das ich deshalb bevollmächtige, zurüste etc. pp.. Aus der Erfahrung heraus, dass jeder Fehler macht und Leiter auch zu häufig fallen, ist natürlich eine Sicherheit wichtig, dass der Leiter nicht zum Diktator o.ä. abdriften kann und die ganze Gemeinde/Organisation auseinanderfliegt.
Das Bild vom fünffältigen Dienst deckt nun meines Eindrucks nach all diese Dinge wunderbar ab. Nach meinem Verständnis braucht es zu allererst den Apostel (oder wie auch immer man diesen Pionier mit dem großen Bild im Kopf), der mit der Vision, Tatendrang und Inspiration vorangeht und die Gemeinde/Organisation aufbaut. Den Propheten verstehe ich neben der uns üblichen Bedeutung auch als jemanden, der immer wieder den Status Quo infragestellt; oft sind dies die Künstlertypen, die Querdenker usw., oftmals unstrukturiert. Die Evangelisten rekrutieren Neue und verkörpern damit sozusagen die “Verkäufer“, im Business-Slang gesprochen, bzw. leiten die anderen der Organisation dazu an. Die Hirten sind diejenigen, die nah an dem Menschen dran sind, eben Pastoren, Seelsorger und Menschenberater. Und schließlich sind da die Lehrer, deren Job es ist, die biblischen Inhalte ins 21. Jahrhundert zu transportieren, darin womöglich auch den Status der Gemeinde/Organisation hinterfragen, grundlegende Werte anlegen bzw. biblische das untermauern (bzw. überprüfen), was der Apostel als Vision ausmalt.
Das ist natürlich letztlich alles etwas idealtypisch, weil es keine Reinformen gibt. Aber einfach mal als Gedanken meinerseits.
Wie denkst Du denn eigentlich darüber? Was sind Deine Erfahrungen? Und wie hat Dir vllt auch Dein Psychologiestudium bei alldem geholfen? Würde mich sehr interessieren zu hören.
LG nach Sydney
Philipp