Back to the roots mit D. Bonhoeffer

"[…] [U]nser Christsein wir heute nur in zweierlei bestehen: Im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen. Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums muß neu geboren werden aus diesem Beten und diesem Tun." - Dietrich Bonhoeffer (Widerstand und Ergebung, 18. Auflage 2005, S.157)

Als ich vor einigen Tagen o.g. Zitat während meiner Stillen Zeit las, mußte ich mal wieder darüber nachdenken, wie innovativ Dietrich Bonhoeffer für seine Zeit bereits war. Mit seinen Briefen aus der Haft u.v.a hat er die (deutsche) Kirche der Nachkriegsgeneration entscheidend geprägt. Auch heute noch kann man sicherlich viel von ihm lernen, zumal seine Integrität von Lehre und Lebensführung mir immer wieder deutlich macht, daß es nicht reicht, allein abstrakt über Dinge nachzudenken. Vielmehr muß ich sie praktisch umsetzen, genau wie mein Glaube nicht nur die Zustimmung zu bestimmten Dogmen sein kann.

Bonhoeffer trifft mit diesem Zitat für mich genau ins Schwarze: Es geht in unserem Christsein um Beziehung, zu Gott und zu den Mitmenschen, und zwar auf aktive Art und Weise. Statt "Tun des Gerechten" würden wir im Emerging-Kontext vielleicht von "Reich Gottes bauen" reden, meint aber prinzipiell dasselbe. Bonhoeffer führt dies theologisch auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und den damit verbundenen Gedanken der Freiheit (Schöpfung und Fall, 3. Auflage 1955, S.41) zurück: Wie Gott auf die Schöpfung hin frei ist, ist auch der Mensch auf seinen Nächsten hin zur Freiheit geschaffen. Da Freiheit bei Bonhoeffer aber immer etwas ist, was der Mensch für den anderen/Nächsten hat, muß der einzelne konkret für seinen Nächsten leben. Das spitzt sich dann eben im tun der Gerechtigkeit zu. Ohne Tun des Gerechten lebe ich im Umkehrschluß also nicht so, wie Gott mich eigentlich geschaffen hat.

An diesen beiden Dingen, also der Beziehung zu Gott und den Mitmenschen, muß sich das, was sich soziologisch als Kirche darstellt, messen. Keine Äußerlichkeit hat einen Eigenwert, wenn sie nicht der Beziehung zu Gott und den Menschen bzw. dem Tun des Gerechten auf der Welt dient. Jürgen Moltmann (Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes, 2. Auflage München 1989, S.82) kann dann sogar schreiben: "Die wahre Kirche ist die Gemeinschaft der Liebe." Auf diesen Kern sollten wir immer wieder zurückkommen, wenn wir darüber nachdenken, wie Kirche eigentlich sein sollte, getreu dem Motto: "Ecclesia semper reformanda est."

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