Abraham J. Heschels “God in Search of Man“: Nr. 10 der 10 für mich entscheidenden Bücher

Zum krönenden Abschluss meiner Serie über die zehn für mich entscheidenden Bücher/Denker komme ich auf den jüdischen Religionsphilosophen Abraham Joshua Heschel zu sprechen, zu dem ich an dieser Stelle schon zahlreich gepostet habe. Heschels Buch “God in Search of Man“ halte ich nicht nur inhaltlich für eins der zehn wichtigsten theologischen Bücher des 20. Jahrhunderts, sondern es ist auch für mich biographisch ganz entscheidend gewesen. Meinen Weg in die Judaistik habe ich ja bereits beschrieben, in dessen Zuge ich auch jüdisch-religionsphilosophische Veranstaltungen besuchen wollte. Denn an der Uni Frankfurt gibt es auch einen Lehrstuhl für jüdische Religionsphilosophie, der mich von Anfang an meines Studiums faszinierte und der just zu meinem ersten wichtigen Semester ein Seminar zu Heschels “God in Search of Man“ anbot; und überhaupt fand ich philosophisches Denken immer spannend, sofern es in irgendeinen Zusammenhang mit den für mich relevanten Fragen zu bringen war. Als sich aber nun herausstellte, dass ich mir die dortigen Veranstaltungen nicht für die Judaistik anrechnen lassen kann, entschied ich mich relativ spontan zur Wahl der Religionsphilosophie, in das ich all die interessanten Themen integrieren konnte und darüber hinaus ein breites Fundament philosophischen Denkens erhielt. Mittlerweile laufen die letzten Magisterprüfungen, und im Anschluss daran werde ich wohl sogar in der Religionsphilosophie und u.a. über Abraham J. Heschel promovieren. Das dürfte Grund genug sein, Heschels Werk hier kurz vorzustellen, zumal dessen Inhalt aus meiner Sicht eine wichtige und bisher oft unberücksichtigte Denktradition für die Kirche im 21. Jahrhundert bereitstellt.

Mit “God in Search of Man“ legt Heschel einen theologisch-religionsphilosophischen Gesamtentwurf, eine Art jüdische “summa theologica“ (so Edward Kaplan, “Spiritual Radical“) in drei Teilen vor, der die metaphysischen Urphänomene Gott, Welt und Mensch in Einklang bringt mit seiner biblisch-hebräischen Perspektive, die letztlich der umfangreichen Darlegung seiner prophetischen Religion dient, angefangen bei der “Charakter“-Beschreibung Gottes (“God“) über den Akt der Offenbarung (“Revelation“) bis hin zum Verhalten aufseiten des Menschen (“Response“). In alledem wird der dialogisch-relationale Charakter von Heschels Judentums-Verständnis deutlich, denn für ihn steht der Glaubensvollzug im Zentrum seiner Untersuchung, den er den Glaubensinhalten gegenüberstellt (die er aber nicht prinzipiell negiert); allein deshalb schon ist Heschels Ansatz aus meiner Sicht für die Postmoderne besonders interessant, in der richtig und falsch oder auch konfessionelle Grenzen mehr und mehr verschwimmen. In diesem Zuge klärt Heschel u.a. epistemologisch-hermeneutische Fragestellungen und bindet die Autorität der Hebräischen Bibel an die Gemeinde; dabei unterscheidet er zwischen der Auslegungsart der “literary-minded“ und der der “mystery-minded“, womit auch bei ihm der relationale Aspekt in das Bibelverständnis hineinspielt, das Heschel bereits durch seine ḥassidische Prägung zumindest ansatzweise mitbekommen hat. Explizit hingewiesen sei weiterhin auf sein Pochen darauf, dass prophetische Inspiration durch die Bezeugung des Heiligen Geistes nach wie vor verfügbar sei, wie er dies bereits anhand von Maimonides angedeutet hat. Deshalb spricht Heschel dem Titel gemäß immerzu von der Suche Gottes nach dem Menschen. Entgegen der klassisch-barthschen Dogmatik des 20. Jahrhunderts vertritt Heschel dabei auch eine natürlich Theologie, nach der der Mensch (im Übrigen im Einklang mit Röm 1) den Weg zu Gott auch über die Schöpfung finden kann.

Aufgrund seines hassidischen Hintergrundes halte ich Heschel auch für christliche Denker besonders interessant, denn die theologischen Grundlagen wie auch die spirituelle Offenheit bieten auf viele Dinge neue, interessante Perspektiven. Von daher kann ich jedem, der etwas interessiert ist an der Thematik, dieses Werk nur ans Herz legen, das es übrigens auch in Deutsch gibt. (für alle Plagiatsjäger: Ja, ich habe tatsächlich ganze Sätze und aus meiner eigenen Magisterarbeit hier wiedergegeben - teils modifiziert - und greife somit auf mein eigenes geistiges Eigentum zurück, was ich hiermit kennzeichne:-).

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