Zum Nachdenken: Dietrich Bonhoeffer über Neuschöpfung und Leiblichkeit

“Die Auferstehung Jesu Christi ist Gottes Ja zur Kreatur. Nicht Zerstörung, sondern Neuschöpfung der Leiblichkeit geschieht hier. Der Leib Jesu geht aus dem Grabe hervor, und das Grab ist leer. Wie es möglich, wie es zu denken ist, daß der sterbliche und verwesliche Leib nun als der unsterbliche, unverwesliche, verklärte Leib da ist, bleibt uns verschlossen. Nichts vielleicht wird durch die Verschiedenar- tigkeit der Berichte über die Begegnung des Auferstandenen mit den Jüngern so deutlich, wie dies, daß wir uns über die neue Leiblichkeit des Auferstandenen keine Vorstellung zu machen vermögen. Wir wissen, es ist derselbe Leib - denn das Grab ist leer; und es ist ein neuer Leib - denn das Grab ist leer. Wir wissen, Gott hat die erste Schöpfung gerichtet, und er hat eine neue Schöpfung in der Gleichheit der ersten geschaffen. Nicht eine Christusidee lebt fort, sondern der leibliche Christus. Das ist Gottes Ja zur neuen Kreatur mitten in der alten. In der Aufersteh- ung erkennen wir, daß Gott die Erde nicht preisgegeben, sondern sich zurückerobert hat. Er hat ihr eine neue Zukunft, eine neue Verheißung gegeben. Dieselbe Erde, die Gott schuf, trug den Sohn Gottes und sein Kreuz, und auf dieser Erde erschien der Auferstan- dene den Seinen, und zu dieser Erde wird Christus am letzten Tage wiederkommen. Wer die Auferstehung Christi gläubig bejaht, der kann nicht mehr weltflüchtig werden, er kann aber auch nicht mehr der Schöpfung verfallen, denn er hat mitten in der alten Schöpfung die neue Schöpfung Gottes erkannt.

- Dietrich Bonhoeffer, Betrachtung zu Ostern: Auferstehung, in: Ders., DBW 16: Konspiration und Haft (1940-1945), Gütersloh 1996, S.472f.

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